Leben auf der Straße: Ein Tag im Leben – Part I

»Look at the situation they got me facing. I can’t live a normal life, I was raised by the street.« So besingt es Rapper Coolio, in seinem 1995 erschienenen Lied »Gangsta’s Paradise«. Eine Zeile aus dem Lied, die für viele Menschen äußerst zutreffend ist. Mit diesem und den nachfolgenden Artikeln berichten wir nicht nur, wie gewohnt, über »Einen Tag im Leben«, sondern über das gesamte Leben einer Menschengruppe, die sich vielen Vorurteilen und Stereotypen stellen müssen, die vielleicht sogar unbegründet sind – die Menschen, die einen »anderen« Lebensweg beschritten haben.

Oftmals passiert es, dass wir nur offizielle Stellungnahmen seitens staatlicher Behörden bekommen und damit nur eine Seite der Medaille beleuchten können. Wir gingen mit ein paar Personen in ein Gespräch, die nicht nach den staatlichen Gesetzen leben, sondern nach ihren eigenen – die Gesetze der Straße. Namen werden in diesen Artikeln nicht genannt, um die Anonymität der Personen zu wahren, jedoch sind die Aussagen, die getroffen wurden, umso realistischer und verändern gegebenenfalls den Blickwinkel des einen oder anderen.

JEDER IST EIN MENSCH – So kann man es zusammenfassen, wenn es um die Personen geht, die sich in kriminellen Kreisen bewegen. Sie essen, atmen, bluten, wie jeder andere auch, haben Freunde, Geschwister, Emotionen. Doch wieso ist es so, dass man einen derart gefährlichen Weg beschreitet, obwohl es auch anders gehen würde? Die Antwort für viele, nicht alle, ist relativ einfach: »Wir sind so aufgewachsen«, so äußerte man sich uns gegenüber auf die Frage. »Man kennt es nicht anders«. Der Ausbruch aus dem gewohnten Umfeld ist für viele schwer, jedoch nicht nur auf dieser Seite der Gesellschaft. Betrachtet man die andere Seite, können Personen, die mit viel Geld und Reichtum groß geworden sind, auch nur selten ohne auskommen. Man unterscheidet sich daher theoretisch nur in den Umständen, nicht in den Verhaltensmustern voneinander.

Doch was ist mit denjenigen, auf die diese Aussagen nicht zutreffen? Sie haben andere Gründe, manchmal sogar sehr tragische. Egal ob es vielleicht Eltern sind, die ihre Kinder misshandeln und dadurch brechen oder aber geringe finanzielle Mittel das eigene Überleben nicht mehr absichern können, es gibt tausend Beweggründe und mehr. Halt findet man in solchen Situationen oft bei Menschen, die ähnliches durch- und erlebt haben. Sie können einem Verständnis geben, Vertrauen wieder aufbauen und sich gegenseitig auffangen. Sie werden zu einer Familie.

FAMILIE ÜBER ALLES – Einer von diversen Leitsprüchen, die viele Menschen nicht nur befolgen, sondern auch leben. Dabei geht es sowohl um die Blutsverwandtschaft, um Personen, Freunde, die mit dir durch dick und dünn gehen. Die hinter dir stehen, so wie man selbst hinter ihnen steht. Ist der Unterschied zwischen dem Police Department und den Mitgliedern einer sogenannten Gruppierung so groß? Lauscht man den Aussagen, die von beiden Seiten getroffen werden, dann eher weniger. »[…] ist meine Familie und ich würde mich für sie vor eine Kugel werfen« ist ein Statement, das man sowohl auf der Seite des Gesetzes als auch von deren Gegenpart hört.

Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen sind die Stützpfeiler einer derartigen Familie. Werden diese Pfeiler eingerissen, hinterlässt es immer Narben auf die eine oder andere Weise. »Es bricht einem manchmal das Herz«, sagte man uns gegenüber auf die Frage hin, wie man mit einem solchen Verlust zurechtkommt. In diesem Moment fühlt es sich an, als ob man einen Bruder oder eine Schwester verliert. Ein Gefühl, womit viele Menschen auch außerhalb der »Straße« etwas anfangen können. Gleichermaßen ist es wohl aber auch nicht einfach, wenn man hintergangen und verraten wird. Auch hier ist es nicht speziell auf die kriminelle Seite zugeschnitten. Es ist ein Umstand, der immer und überall auftreten kann. Sowohl in jeder Familie als auch in jedem Freundeskreis oder im Arbeitsumfeld. Wie man damit umgeht, ist der Punkt, in dem man einen Unterschied macht. In welcher Art und Weise führen wir nicht näher aus, da auch wir hierzu keine Informationen erhalten haben. Glaubt man den ganzen Hollywoodfilmen und TV Serien, so endet dies jedoch meist schmerzhaft oder gar tödlich für die Person, die den Verrat begangen hat.

»Wir sind, nur weil wir kriminell sind, keine schlechten Menschen. Give respect, get respect« – Unter diesem Motto werden wir im nächsten Artikel darauf eingehen, wie die kriminelle Seite von San Andreas mit der Seite der gesetzestreuen Bürger umgeht und welche Rolle dabei das Police Department spielt.

[R.J. Gutierrez Morales]